Nach der Volksschule in Mellau waren Sie von 1966 bis 1974 Schüler am Collegium Bernardi und haben auch hier maturiert. Wie haben Sie ihre Zeit als Schüler erlebt?
Das war vor vielen, vielen Jahren. Aber ich denke gerne an meine Schulzeit zurück, insgesamt eine sehr positive Erfahrung!
Im Leitbild unserer Schule heißt es unter anderem: „Unsere Vision. Tradition. Innovation. Veränderung. Mehrerauer/-in zu sein, ist eine Lebenshaltung. Unsere Schüler/-innen reifen zu Persönlichkeiten, die die Welt verändern.“ Inwiefern würden Sie behaupten, dass Ihre Schulzeit am Collegium Bernardi Ihren persönlichen Werdegang geprägt oder positiv beeinflusst hat?
Acht Jahre in der Mehrerau und ein erfolgreicher Maturaabschluss gaben mir das Selbstvertrauen, dass ich noch mehr erreichen kann. Ich bin dann in Innsbruck zur Universität gegangen, wollte aber unbedingt eine Eliteuniversität besuchen und habe anschließend an der ETH Zürich promoviert und an der Harvard University ein postdoktorales Studium gemacht.
Das Collegium Bernardi hat sich über die Jahre immer wieder verändert und erfolgreich dem Zeitgeist angepasst. Erst kürzlich haben wir den Lehrplan unserer Oberstufe nach den Themenfeldern Gesundheit, Ernährung, Umwelt, Soziales und vertiefte Psychologie neu ausgerichtet. Die zeitgemäßen Inhalte sollen unsere Schüler/-innen möglichst praxisnah auf das Leben vorbereiten. Welche Kompetenzen und Qualifikationen muss Ihrer Erfahrung nach die heranwachsende „Generation Z“ mitbringen, um sich erfolgreich in den sich stetig wandelnden Arbeitsmarkt zu integrieren? Welche Ratschläge und Tipps würden Sie unseren Schüler/-innen auf ihren Weg mitgeben, und was müsste ihrer Meinung nach die Schule der Zukunft unbedingt vermitteln?
Die wichtigste Qualifikation ist meiner Meinung nach die Fähigkeit, selbstständig, unabhängig und kritisch zu denken. Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der (zu) viele Informationen im Internet verfügbar sind und nicht alle diese Informationen der Wahrheit entsprechen.
Sie sind einer der bekanntesten und anerkanntesten Virologen weltweit. Seit Ihrer Auswanderung in die USA Anfang der 1980er Jahre haben sie eine bewundernswerte Karriere hingelegt. Dank Ihrer Forschungsarbeit gelang es, hochwirksame Medikamente gegen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Grippe (Tamiflu), HIV oder Ebola (Remdesivir) zu entwickeln. Welche waren und sind Ihre größten beruflichen Herausforderungen?
Es gab nicht wirklich eine übergreifende Herausforderung, sondern eher eine Reihe von kleineren Herausforderungen. So viele Dinge müssen richtig laufen, sowohl wissenschaftlich, in der Forschung, in der Entwicklung und auch auf der Businessseite.
Die Corona-Pandemie hat die ganze Welt eiskalt erwischt. Plötzlich hieß es „Lockdown!“ und es schien kein anderes Thema mehr zu geben als „Corona“. Weder humanitäre Katastrophen wie Flüchtlingskrisen oder Bürgerkriege noch der bis dato medial omnipräsente Klimawandel, konnten an dieser Tatsache etwas ändern. Die anfängliche Panik ist nunmehr Vertrauen und Sicherheit gewichen. Hatte man anfangs mit dem Virus einen „gemeinsamen Feind“, so spaltet Corona heutzutage die Menschen. Dem Schweizer Juristen Pascal Lachenmeier wird der Satz „Wer den Sinn einer Krise nicht verstanden hat, bekommt eine zweite.“ zugeschrieben. Bezogen auf sie und ihre wissenschaftliche Tätigkeit: Was hat die Menschheit aus der Krise gelernt und wie wird die Zukunft aussehen? Werden wir weniger reisen, umweltbewusster leben und mehr Verständnis für unser Mitmenschen aufbringen?
Hier bin ich nicht optimistisch, dass die Menschen plötzlich ihr Verhalten ändern werden. Die Corona-Pandemie könnte bald vergessen sein und die meisten Menschen werden in ihre alten Gewohnheiten zurückfallen. Aber ich hoffe, ich liege falsch!
Sie haben unter anderem auch ein Medikament gegen das Ebola-Virus entwickelt. Wie war es möglich, dass dieses gefährliche Virus mit einer weit höheren Sterberate als SARS-CoV-2 erfolgreich eingedämmt werden konnte, während sich Corona zu einer Pandemie ausweitete? – Und wie erklären Sie sich, dass obgleich Wissenschaftler seit vielen Jahren vor einer möglichen Pandemie warnten, wir so schrecklich unvorbereitet erwischt wurden?
Das Problem mit Covid war die Schnelligkeit, mit der die Pandemie ausbrach. Wir haben hier und da von ein paar Fällen gehört, und nach ein paar Monaten war das Virus überall. Trotzdem haben wir sowohl bei der Behandlung der Infektion als auch bei der Prophylaxe mit Impfstoffen sehr schnelle Fortschritte gemacht.
Sie sind im Bregenzerwald mit fünf Geschwistern aufgewachsen. Am Dachboden des elterlichen Gasthofes, hatten sie ihr „Geheimlabor“ eingerichtet, wo ihnen ihre kleine Schwester, die bekannte Journalistin Conny Bischofberger, bei ihren chemischen Versuchen assistierte. Im Jahr 2006 kauften sie den früheren Familiensitz im Zentrum von Mellau zurück und ließen ihn zu einem 4-Sterne-Superior-Hotel ausbauen, das heute ihrer Nichte gehört. Wie stark sind Sie noch in ihrer alten Heimat Vorarlberg verwurzelt und wie wichtig ist Ihnen trotz der großen räumlichen Distanz, die Nähe zu ihrer Vorarlberger Familie?
Ich würde sagen, ich bin nicht mehr so stark mit Vorarlberg verbunden, schließlich lebe ich seit fast 40 Jahren in den USA. Aber ich besuche Österreich regelmäßig (zweimal im Jahr vor Covid), um zu sehen, wie es meinen alten Freunden und meiner Familie geht.
Würde man nach einem Österreicher fragen, der in den USA Karriere gemacht hat, wäre die naheliegendste Antwort wohl „Arnold Schwarzenegger“. Genauso gut könnte die Antwort aber auch Norbert Bischofberger heißen. Arnold Schwarzenegger wird in den Medien oft als die „steirische Eiche“ bezeichnet. Was würden Sie behaupten, welche Baumart würde wohl am besten Ihre Eigenschaften widerspiegeln?
Ha ha, niemand hat mich jemals gefragt, welche Baumart meine Persönlichkeit widerspiegelt. Ich würde sagen, es könnte ein Tannenbaum sein, davon gibt es viele im Bregenzerwald, und er strahlt Standhaftigkeit und Robustheit aus.
Sie haben Millionen von schwerkranken Menschen geholfen ein gutes Leben zu führen. Momentan arbeiten Sie und Ihr Team an innovativen Therapien gegen Krebs. Beruflich scheinen Ihre Ziele klar zu sein. Welche Wünsche oder Ziele haben Sie persönlich für Ihre Zukunft?
Ich habe vor ein paar Jahren eine neue Karriere bei einem kleineren Unternehmen begonnen in einem Alter, in dem die meisten Menschen in Österreich in die Rente gehen würden. Ich habe es getan, weil das meine Leidenschaft ist. In meinem vorherigen Unternehmen haben wir Millionen von Menschen geholfen, die an Infektionskrankheiten leiden, und ich möchte dasselbe für Menschen mit Leukämie und Lymphomen tun.
Mit Blick zurück und mit den gemachten Lebenserfahrungen: Was würden Sie aus heutiger Sicht Ihrem 16-jährigen Ich mit auf den Weg geben bzw. raten?
Ihr lebt in einer unglaublichen Zeit, wir hatten noch nie so viele Möglichkeiten, in Wissenschaft, Medizin, Technologie und Wirtschaft. Geht optimistisch und mit Begeisterung in die Welt hinaus und nutzt die zahlreichen Möglichkeiten, das Leben ist vielversprechend und spannend!
Factbox:
Das „nervt“ mich am meisten:
Idioten, die denken, dass die Erde flach ist (ja, die gibt es!). „Querdenker“, die an alle möglichen Verschwörungstheorien glauben.
Hobbys:
Lesen wissenschaftlicher oder halbwissenschaftlicher Literatur und Sport.
Lieblingsspeise, Lieblingsgetränk, Lieblingsbuch etc.
Ich habe keine festen Favoriten, da sich das von Zeit zu Zeit ändert, z.B. Lieblingsgetränk ist Tee am Morgen aber Wein am Abend.
Dieses Motto gefällt mir:
Was im Leben zählt, ist nicht die bloße Tatsache, dass wir gelebt haben. Es ist der Unterschied, den wir für das Leben anderer gemacht haben. (Nelson Mandela)
Bregenz, im Mai 2022